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Den Spieß umgedreht und schluss gemacht!

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Beitrag  jayle Mi Dez 19, 2012 7:45 pm

Liebe Forenleser,

lange habe ich mich gefragt ob ich diesen Schritt hier gehen soll und musste feststellen, dass wa sich hier alles gelesen habe, hat mich mehr bestärkt und mir das Gefühl gegeben "doch nicht so ganz allein" zu sein - in einer Phase im Leben, das man braucht wie ein Loch im Kopf! Ich schreibe einfach mal drauf los....

Vor 1 Jahr war ich auf einer Geburtstagsfeier von Freundes Freunden und habe das damalige Geburtstagskind rasch ausfindig gemacht und haben uns auf anhieb super toll verstanden! Wir arbeiteten im selben Viertel, kannten den einen oderen anderen gemeinsamen Bekannten und aus Smalltalk wurden Stunden - nur wir beide....er gab mir seine Visitenkarte um auch geschäftlichen Kontakt zu knüpfen und gemeinsam mal eine Mittagspause zu machen, da wir ja beruflich "Nachbarn" waren.

Zu dem Zeitpunkt allerdings war ich in einer Beziehung, dass hab ich ihm auch gesagt und habe mich zu erst für die Visitenkarte bedankt. Kurze Zeit später haben sich mein damaliger Freund und ich uns getrennt, aus anderen Gründen, was auch gut so war.

Nun....aus den Augen aus dem Sinn und an das Geburtstagskind hatte ich gar nicht mehr gedacht...bin umgezogen, hab mein Job gewechselt und war meiner fröhlichen Person treu geblieben. Bis mir eines Tages - nach ca. 6 Monaten - nach einer langen Reise und durch das aus- und umpacken von Taschen, mir die Visitenkarte in die Hände flog und ich plötzlich ein Lächeln im Gesicht hatte. Ich dachte mir, WHY NOT?! Jetzt kann ich ihn mal fragen wie es ihm wenigstens geht und wie letzten Monate waren.

Gesagt getan.....er wusste sofort wer ich bin und wir hielten regen Kontakt. Bis wir uns paar Tage später zum Mittagessen verabredeten und er war mir wieder so sympathisch und sogar vertraut. Es war schön....Wir verstanden uns wieder auf anhieb. Der Kontakt wurde regelmäßiger bis wir zum 3. Date kamen....an dem er mich auch küsste und wir beide gespürt haben, was das jetzt zu bedeuten hat Very Happy

Wir haben die Zeit, den Sommer und unser Selbstbewusstsein genutzt um uns aufeinander einzulassen! Wir stellten viele parallen fest...Sternzeichen, Heimatort, denkensweisen - nur auf einer Ebene waren wir verschieden:

ER ist ein Kopfmensch - ich bin ein Herzmensch!

Nun vergingen 5 wunderschöne Monate, bis er vor 2 Wochen in den Urlaub geflogen ist mit seinem Kumpel zum tauchen....kein Ding, verstehe ich - ist auch sein Hobby und ich habe es ihm angesehen, wie sehr er es vermisst hat zu tauchen und schwerelos zu schweben! Okay...go...

Während seiner Abwesenheit treffe ich mich mit Freunden auf dem Weihnachtsmarkt - Er und ich haben noch ein Tag vorher telefoniert und es sprüte nur von Herzen am Telefon Smile - so wie ich auf dem Weihnachtsmarkt stehe, kommt eine alte Bekannte und wir tauschen uns aus...neuer job, neue wohnung und neuer Freund ....sie fragt nach einem Foto und ich zeig ihr eins. Plötzlich verzieht sie ihr Gesicht und sagt zur mir: Du, ich finde das jetzt zu krass...aber das ist dein Freund? Ehrlich gesagt möchte ich Dir raten vorsichtig zu sein, denn so viel ich weiß hat er noch vor kurzem seiner Ex-Geliebten (die waren nicht zusammen) eine Nachricht geschickt, dass er sie gern sehen würde und an sie denkt!

Mir wurde schlecht! Übel! Schwindelig! Mein Magen drehte sich und der Glühwein wollte unbedingt raus! Hatte ich mich so getäuscht? War ist denn so blind? So naiv? Nein, dass kann nicht sein....- und bin nach Hause! Habe VERSUCHT darüber nachzudenken und emotionsfrei ein Urteil zu bilden....aber ich bin nun mal ich, ich bin eine gestandene Frau und ich gottverdammt ich habe das Recht zu Fragen was da ist! Am nächsten Tag habe ich ihm eine ruhige und vorwurfsfreie Email geschickt, während er im Urlaub ist. Habe ihm den Vorfall erklärt und ihm zu verstehen gegeben, dass ich gerade verwirrt bin und nicht weiß was ich noch glauben soll. Es schön wäre wenn wir uns unterhielten wenn er da ist, da es jetzt kein Sinn macht bei der Entfernung.

ER HAT NICHT EINMAL darauf reagiert! Plötzlich funkstille....2 Tage später habe ich ihm eine SMS geschickt; dass ich es schade, dass ich von ihm nix höre und er gar nicht auf mich eingeht - ich mich schlecht hier alleine fühle und meine Gedanken mir ein Spiel spielen. Plötzlich kam die antwort: Hey, sorry...aber ich habe hier gerade meinen gechillten Urlaub mit meinem Kumpel. Es macht also keinen Sinn per Email oder SMS zu kommunizieren, sich darüber auszutauschen. Wir reden persönlich wenn ich wieder da bin. - Ich war zu tiefst verletzt....WO NUR ist der Mann hin, mit dem ich die letzten Monate verbracht habe?! Der mir immer wieder gesagt hatte; WIR sind ein TEAM! Wir reden über alles und sag mir was Dich bedrückt - ich möchte nicht das es meiner Frau schlecht geht wenn sie mit mir zusammen ist.....- Wo war er bloß?!!!

3 Tage später war er zurück....wir haben uns Abends getroffen...er kam auf mich zu, hat mich umarmt und mich an der Hand genommen...bis zum ihm nach Hause habe ich ihn über den Urlaub und das Wetter ausgequetscht um auch die Situation zu lockern, sodass keiner von uns JETZT Angst haben sollte bzw. nicht verunsichert sein sollte...das mag ich nämlich nicht!

Nun, bei ihm in die Whg. rein - Tür zu und dann gings los! Er hat den Spieß perfekt umgedreht, mir Vorwürfe gemacht "ich würde seine Gefühle in Frage stellen - "ich würde ihm nicht vertrauen" - "das ist für ihn keine Basis für eine Beziehung" - "was ich mir einbilde ihm im Urlaub für ne scheiß Email zu schicken" - "ob ich denn nicht selbstbewusst genug wäre um über den dingen zu stehen" - "werde mal erwachsen" waren die Worte.....mir blieb die Luft weg zum atmen, zu antworten, geschweige denn zu kapieren was gerade abgeht! Er hatte entschieden.....er sieht keine Zukunft mehr....ich habe versucht mich und meine Gefühlssituation zu erklären, versucht klarzumachen das sowas doch jetzt kein Grund sei, das man über alles reden kann und er mag es mir doch nur ERKLÄREN, dann packen wir das in eine Tüte und schmeißen die Storie weg - wenn er doch Gefühle für mich hat und ich bin mir sicher, dass die Liebe stärker ist als alles andere auf der Welt - lass uns zusammenhalten, hörte ich mich selbst noch sagen....doch er meinte er will wieder ins Büro, er könne jetzt nicht alleine sein und er bringt mich gern noch zur Bahnstation! Er hat mich an die Hand genommen, mich festgehalten und mir dabei erklärt das er keine Zukunft sieht....ich dachte ich bin im falschen Film! Habe versucht mit Verständnis und Ruhe das Ruder umzureissen, aber ich wusste auch, wenn er sich was in den Kopf setzt, dann ist das auch so! Dafür hatte ich ihn schon immer bewundert....

Das ist jetzt genau 9 Tage her...seitdem hatten wir 1 Telefongespräch, in dem ging es darum, dass er mir meine Sachen in der Mittagspause gern vorbeibringen kann....und: "es ist auch klar, dass sich an meiner Entscheidung nichts geändert hat" ....diesen Satz werde ich so schnell nicht vergessen! Nun, übermorgen bringt er meine Sachen bei der Arbeit vorbei.

Ich weiß nur momentan nicht;

Was soll ich denken?
Was soll ich fühlen?
Wie soll ich das Verhalten verstehen?
Was ist aus dem UNS geworden? Uns; das coole Team. Das perfekte Paar worum uns Fremde schon beneideten!

Ich kanns nicht...dafür schmerzt das Herzchen noch zu sehr!

Vielleicht weiß jemand einen Rat, oder hat eine sehr stark ähnliche Geschichte erlebt und kann mir zur Seite stehen damit umzugehen...mein Kopf ist momentan auf "ich nix verstehen" eingestellt und mein Herz rast als gäbe es kein morgen mehr....

Dankeschööööön...

jayle

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Beitrag  Hallole1233 Do Dez 20, 2012 10:49 am

Erst mal willkommen im Forum.

Dein Ex hat Bindungsängste/ Beziehungsängste. Er verhält sich wie ein typischer JÄGER.
Du kannst ihm weder helkfen noch eure Beziehung *retten* Er wird im Laufe seines Lebens noch viele Beziehungen/ Affären haben........wenn er irgendwann einaml *aufwacht* und sich fragt warum jede Beziehung in die Brüche geht wird er vielleicht auf den Trichter kommen, dass bei ihm etwas nicht stimmt und dann erst eine Therapie besuchen oder sich mit dem Thema beschäftigen. Du kannst nichts machen, sei dir dessen bewußt!!

Aus einem Interview mit Stephanie Stahl zu ihrem Buch *JEIN*


Woran erkennt man Bindungsängste überhaupt?


Es gibt eine Reihe von Anzeichen, woran der Partner erkennt, dass sein Gegenüber ein bindungsängstlicher Typ ist. Das Hauptgefühl ist, dass der Partner sich nicht wirklich einlässt auf die Beziehung. Der Phobiker lebt in einem »Jein«. Es gibt immer wieder Momente von Zweisamkeit und Nähe, auch von intensiver Nähe, aber der Partner kommt einem immer wieder abhanden. Der Phobiker braucht viele Freiräume wie Arbeit und Hobbys, möchte am liebsten immer woanders sein oder er hält seinen Partner durch Kritik und Streitereien auf Distanz. Grundsätzlich gibt es die drei Abwehrstrategien: 1. Flucht (Schlussmachen, Arbeit, Hobbys, Krankheit, Untreue, Dreiecksbeziehungen, sexuelle Zurückhaltung, Fernbeziehung, Gesprächsverweigerung) 2.Angriff (Aggression, Streit) und 3. Totstellreflex (emotional abgeschaltet, körperlich erstarrt).


Was sind typische Strategien von Bindungsängstlichen, um immer wieder Distanz zum Partner herzustellen?


Typische Strategien von Bindungsängstlichen sind die Maurer, die Jäger und der Prinz oder die Prinzessin. Der Maurer möchte die totale Kontrolle über Nähe und Distanz in der Beziehung. Er hat viele Hobbys und eine zeitintensive Arbeit und legt sich bei Verabredungen nie gern fest. Nähe stellt er nur her, wenn er es will. Der Maurer steckt die Grenzen ab und lässt den Partner am langen Arm emotional verhungern. Der Jäger sammelt Beziehungen und hat Affären. Mancher hat auch schon mehrere Ehen hinter sich gebracht. Typische Kennzeichen sind Charme, Umgänglichkeit und geringe Kränkbarkeit. Abfuhren, wenn sie nicht endgültig sind und Hindernisse spornen Jäger eher noch dazu an, ihren Jagdinstinkt auszuleben. Der Jäger verliert in dem Augenblick das Interesse, wenn er sein „Wild“ sicher hat und der/die Gejagte ernsthaftes Interesse an einer Beziehung hat. Der Prinz/die Prinzessin hat zwei Phasen in der Beziehung. In der ersten Phase erfolgt eine heftige Verliebtheit und eine hohe Idealisierung des Partners, in der zweiten Phase erfolgt die Abwertung und Demontage. Solche Menschen haben Schwierigkeiten, den Alltag und die Schwächen des Partners auszuhalten. Es wird genörgelt und kritisiert, enttäuscht wendet sich der Prinz/Die Prinzessin ab, weil sie sich wohl getäuscht hat und wendet sich der nächsten schicksalhaften Begegnung zu.




Welche Bindungsstile unterscheiden Sie?


Grundsätzlich unterscheidet man die sichere Bindung und die unsichere Bindung. Die unsichere Bindung wird in drei Kategorien unterteilt. Es gibt die anklammernde Bindung, die ängstlich-vermeidende und die gleichgültig-vermeidende Bindung. Die ersten beiden Arten sind durch ständige Angst gekennzeichnet, während bei der letzteren Art die Angst nicht so deutlich gespürt wird. Bei den Gleichgültigen herrscht im Bewusstsein eher Gefühl des Eingeengtseins und ein starker Freiheitsdrang vor. Die Bindungsvermeider haben in ihrer frühen Kindheit sehr desolate Erfahrungen mit ihrer Mutter gemacht. Sie haben sehr früh gelernt, alle inneren Gefühlsimpulse, die ihre frühesten Urängste von totaler Isolation und Verlassenheit auslösen könnten, aus ihrem Bewusstsein abzuspalten.

Der ängstlich-vermeidende Typ bekommt es mit der Angst zu tun, wenn es zu nah und zu eng wird. Der Gleichgültige spürt diese auch, aber er nimmt die Angst nicht so bewusst wahr, sondern verspürt eher einen Freiheitsdrang. Er bekommt klaustrophobische Zustände und Panik, wenn er sich vorstellen muss, ein Leben lang mit einem Partner zusammen zu sein. Wenn der ängstliche Vermeider jedoch wieder einen gewissen Abstand zum Partner erworben hat, z. B. auch durch eine Trennung, kann er dann wieder große Sehnsucht nach ihm empfinden. Dies ist auch eine Erklärung, warum es in bindungsängstlichen Beziehungen häufig zu Abbrüchen und Neuanfängen kommt.

Der gleichgültige Vermeider hingegen verspürt weniger Leidensdruck bei einer Trennung, manchen von ihnen kennen auch überhaupt nicht das Gefühl des Vermissens – so weit geht ihre Abspaltung von Emotionen. Dieser Typ kommt auch seltener in die Therapie, weil der Leidensdruck nicht so hoch ist. Ringt er sich doch mal dazu durch – und bricht die Therapie nicht vorzeitig ab - , dauert die Therapie in der Regel länger, weil die Traumatisierungen sehr weit zurückliegen, sehr stark waren und deshalb sehr stark abgewehrt wurden.


Was sind für Ursachen für die Beziehungsphobie? Produziert die moderne Leistungsgesellschaft Beziehungsphobiker?


Entscheidend sind die ersten Jahre in der Mutter-Kind Bindung. Wenn der Erziehungsstil sehr restriktiv ist, können sich Bindungsängste auch in späteren Jahren entwickeln. Von zentraler Bedeutung ist: Das Kind erfährt, dass es sehr nach den Erwartungen der Eltern funktionieren muss, um Zuwendung zu bekommen. Wenn das Kind wenig Sicherheit in den ersten zwei Lebensjahren erfährt (beispielsweise durch emotionale Ambivalenz der Eltern) und kein Urvertrauen entwickeln kann, wird das unsichere Lebensgefühl auch auf die Partner im Erwachsenenalter übertragen. Auch wenn die Mutter sehr vereinnahmend ist und das Kind mit ihrer Liebe erstickt, setzt das Kind auch später Liebe und Vereinnahmung gleich und hat das Gefühl, in dieser Liebe gefangen zu sein und sich nicht wehren zu können. Auch dauernder Streit und Auseinadersetzungen zwischen den Eltern kann zu einem unsicheren Bindungsstil führen. Auch die ersten Beziehungen als junger Erwachsener sind noch sehr prägend, etwas wenn die erste große Liebe sich ohne große Erklärungen von einem trennt.

Auch wenn in den ersten zwei Lebensjahren alles gut verlaufen ist, kann es im Verlauf der weiteren Erziehung zu Problemen kommen, die im Erwachsenenalter zu Bindungsängsten führen können. Viele bindungsscheue Menschen beklagen, dass sie in ihrer Kindheit einem Übermaß an Kritik durch einen der beiden Elternteile ausgesetzt gewesen waren. Wenn sie nicht so funktionieren, wie die Eltern es wollten, gab es Stress. Sei es in Form von Liebesentzug, deutlich demonstrierter Enttäuschung, Nichtbeachtung, Gemecker, Demütigungen, Verboten, Schlägen oder andere Erziehungsmaßnahmen. Die Betroffenen beklagten sich fast ausnahmslos darüber, dass ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche nicht wahrgenommen wurden und sie sich nie verstanden fühlten. Ihr inneres Programm lautete: »Wenn ich will, dass du mich liebst, muss ich mich so verhalten, wie du mich haben willst.“ Die Kinder, die in ihren Bedürfnissen nach Selbstbestimmung sehr eingeschränkt wurden, können eine ausgesprochne Aversion gegen enge Beziehungen entwickeln, da sie diese unbewusst mit der Gängelei alter Kindheitstage gleichsetzen.


Gesellschaftliche Einflüsse spielen insofern eine Rolle, als das immer weniger Mütter oder Väter bereit sind, nur als Mutter und Hausfrau zu leben. Wirtschaftliche Gründe zwingen oftmals beide Elternteile dazu, nach der Geburt des Kindes so schnell wie möglich wieder eine Arbeit aufzunehmen. Insgesamt hat sich aber die Situation für Kinder eher verbessert als verschlechtert. Es besteht ein eindeutiger Trend, mit Kindern liebevoller und respektvoller umzugehen, als es noch vor 50 Jahren der Fall gewesen ist. Auch das pädagogische und psychologische Wissen über Kinder hat stark zugenommen. In unserer Gesellschaft ist heute kein großer Druck mehr, sich fest zu binden und zu heiraten. Auch Sex ist viel schneller verfügbar, so dass man auch hierfür keine feste Beziehung benötigt. Unsere heutige Gesellschaft erzeugt meiner Ansicht nach nicht mehr Bindungsängstliche, sondern gibt ihnen nur mehr Raum und lässt sie besser sichtbar werden.


Gibt es einen Unterschied zwischen Frauen und Männern?


Der gleichgültig-vermeidende Typus kommt häufiger bei Männern vor wie zum Beispiel der wortkarge Maurer. Insgesamt sind mehr Männer als Frauen betroffen, weil bei Männern die Mutterbeziehung eine gravierendere Rolle spielt. Auch heute ist es noch so, dass die Mütter die engere Bezugsperson für das Kind darstellen, und die kann natürlich bei einem Mann mehr Spuren für die spätere Beziehungsfähigkeit hinterlassen als bei einer Frau. Der Mann projiziert das, was er an Schädigungen mit seiner Mutter erlebt hat, auf seine spätere Partnerin, die Frau, sofern sie nicht lesbisch ist, projiziert ihre Mutterschädigung nicht zwangsläufig auf ihren männlichen Partner. Frauen sind von ihrer genetischen Disposition bemühter, soziale Kontakte herzustellen und sich mehr mit sich selbst und ihren Gefühlen auseinanderzusetzen. Frauenfreundschaften sind durch Reden und Gefühle austauschen geprägt, Männerfreundschaften mehr durch das gemeinsame Tun. Männern fällt es nach wie vor schwer, über sich selbst und ihre Gefühle zu reden. Frauen ist ein stärkeres Interesse an menschlichen Beziehungen angeboren: Das haben auch Tests mit Babys bewiesen: Man zeigte Babys Gesichter von Menschen, und die weiblichen Babys haben signifikant länger auf die Gesichter geschaut als männliche Babys.


Wie gehen Sie in der Therapie vor?

Eine Voraussetzung für einen Heilungserfolg in der Therapie ist, dass eine starke Motivation vorliegt, ein Bindungsverhalten zu verändern. Voraussetzung ist auch das Bemühen, sein eigenes Verhalten zu reflektieren, die Verantwortung für seine Gefühle zu übernehmen und nicht dem Partner oder den Umständen die Schuld in die Schuhe zu schieben. Am schwierigsten sind die Gleichgültigen zu therapieren, weil diese wenig Zugang zu ihren Gefühlen haben. Die Abbruchquote ist bei den Gleichgültigen am höchsten, weil sie wenig Leidensdruck verspüren. Durch ihre blockierten Gefühle haben sie auch wenig Zugang zu sich selbst – sie sind sich selbst auch ein wenig egal. Oft haben solche frühkindlichen Störungen zur Folge, dass nicht genügend »Bindungshormone« produziert wurden und schlichtweg nicht genügend Synapsen im Gehirn verschaltet wurden, die ein sicheres Bindungsgefühl erzeugen können. Da ist es auf der therapeutischen Ebene besonders schwer, einen Heilungserfolg zu erzielen.

Wichtig ist es, das innere verletzte Kind, das diese schwierigen Erlebnisse hatte, vom heutigen Erwachsenen zu trennen. Wenn es gelingt, dass der Erwachsene sein inneres Kind liebevoll an die Hand nimmt und ihm gut zuredet, dass Beziehungen nichts mehr Bedrohliches haben und er sich heute wehren kann und nicht mehr so ausgeliefert ist wie damals der Mutter, dann ist ein gutes Fundament für Vertrauen gelegt.


Was kann man tun, wenn man mit einem Beziehungsphobiker zusammen ist?


Partner geraten oft in einen Sog der Abhängigkeit, was sich aus der Beziehungsdynamik ergibt, da die Partner stark verunsichert sind. Deshalb ist es für sie wichtig, dass sie ein Gegengewicht zum Thema Beziehung schaffen. Sie sollten andere Lebensbereiche intensivieren und ihrem Leben neu hinzufügen, damit nicht nur der Beziehungsängstliche verantwortlich für ihr Lebensglück ist. Für den Beziehungsphobiker ist das Gift, wenn der Partner ständig etwas von ihm will. Dann kommt diese unglückliche Dynamik ins Spiel: Je mehr der Partner etwas von ihm will, desto mehr zieht der Beziehungsphobiker sich zurück. Andere Beschäftigungen, mit denen Partner Erfolgserlebnisse haben, sind sehr wichtig als Gegengewicht zu den Kränkungen, die sie in der Beziehung mit einem Phobiker oftmals erfahren. Wichtig ist, dass alles offen kommuniziert wird, dass der Phobiker weiß, woran er ist.


Gibt es Auswege zwischen dem Dilemma von Bindungsvermeidung und Bindungssehnsucht?


Bindungsängste haben ganz zentral etwas mit dem Umgang von Erwartungen zu tun. Bindungsängstliche Menschen sind sozusagen auch »Erwartungsphobiker«. Im Innersten sind sie überzeugt, sich den Erwartungen ihres Partners unterwerfen zu müssen, wenn sie geliebt werden wollen, was jedoch ihren Trotz und Widerstand provoziert. Als Kinder haben sie zumeist früh gelernt, die Stimmungen der Mutter zu erspüren, um sich dann so zu verhalten, dass sie Zuneigung erhalten oder dass es zumindest keinen Ärger gibt. Das Dilemma: Wenn die Erwachsenen sich später in der Partnerschaft nach den Erwartungen verhalten, haben sie gleichzeitig das Gefühl, sich selbst zu verraten. Nur wenn kein potentieller Erwartungsträger im Raum ist, fühlen sie sich wirklich frei. Sobald ein Partner ins Spiel kommt, fangen die Bindungsängstlichen an, um ihre Autonomie zu kämpfen und ihre Freiheit zu verteidigen. Das führt dazu, dass sie sich völlig übersteigert jeglicher Erwartung widersetzen. Das Paradoxe: Sie haben eigentlich den starken Impuls, die Erwartungen zu erfüllen, und gleichzeitig verweigern sie sich komplett, um sich nicht selbst zu verlieren. Das Gefühl, Verhandlungsspielräume zu besitzen und Kompromisse schließen zu können, ist den Beziehungsängstlichen nicht selbstverständlich.


Der Schlüssel zu einem gelasseneren Umgang mit Erwartungen liegt in der Verbesserung der Konfliktfähigkeit. Im ersten Schritt sollte man seine innere Aufmerksamkeit auf seine allergischen Reaktionen richten. Welche Erwartungen werden objektiv an mich gestellt, und welche Erwartungen vermute ich, projiziere ich in den Partner hinein? Welche Gedanken und Gefühle lösen solche tatsächlichen und erahnten Erwartungen in mir aus? Im zweiten Schritt steht die Arbeit mit dem inneren Kind und die Betrachtung der Situation vom Standpunkt des Erwachsenen. Der gute Erwachsene sollte dem inneren Kind begreiflich machen, dass es verhandeln darf und Einfluss nehmen kann. Das innere Kind muss lernen, dass es zwischen sich-verbiegen und totaler Selbstaufgabe auf der einen Seite und radikaler Kompromisslosigkeit auf der anderen Seite sehr viel Verhandlungsspielraum gibt.


Warum ist die Beziehungsphobie noch nicht in die Liste der Phobien aufgenommen (s. Wikipedia) und warum gibt es kaum Literatur darüber?


Dem Phänomen der Beziehungsphobie wurde bisher in der Wissenschaft kaum Beachtung geschenkt. Es gibt ganz viel Forschung über kindliches Bindungsverhalten (Kinder haben keine Bindungsängste) und ganz wenig über Bindungsängste im Erwachsenenalter. Meines Wissens gibt es außer meinem Buch kein deutschsprachiges Buch, das das Phänomen beschreibt und auch Erklärungen und Auswege bietet. In den 70er Jahren hat Wolfgang Schmidbauer ein Buch über die Angst vor Nähe geschrieben, dass aber zu akademisch daherkam, als das es in der Öffentlichkeit viel Beachtung gefunden hätte.


Welche Anlaufstellen gibt es für Betroffene?


Es gibt sehr wenig Anlaufstellen und sehr wenig Kollegen, die sich mit Beziehungsphobikern befassen. Im Internet gibt es ein Forum für Beziehungsängstliche: [Es ist nur Administratoren erlaubt, diesen Link zu sehen] Ich hoffe sehr, dass sich das durch mein Buch und durch Interviews wie dieses ändert.


Stefanie Stahl ist 1963 in Hamburg geboren und studierte Psychologie in Trier. Seit 1993 arbeitet sie als Psychotherapeutin und Sachverständige für Familiengerichte in freier Praxis in Trier. Sie gibt Seminare für Bindungsängstliche. Infos unter /www.stefaniestahl.de




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